Wenn frühkindliche Reflexe bestehen bleiben.
Es gibt eine Vielzahl von Störfaktoren, die die Entwicklung sowohl im Mutterleib als auch im ersten Lebensjahr beeinflussen und zu einem Fortbestehen der Reflexe führen können: u. a.
- Liegeschwangerschaften
- Stress in der Schwangerschaft (Umzug, Arbeit, Partnerschaft...)
- Schnelle oder sehr lange Geburten ( < 2 / > 12 Stunden)
- Kaiserschnitt, Zangengeburten, jegliche Form von Interventionen
- Frühgeburten
- Impfungen
- KISS, Blockaden ... und vieles mehr!
Warum stören frühkindliche Reflexe die weitere Entwicklung des Kindes und das Lernen?
Bleiben die Reflexe als Restreaktionen
über das erste Lebensjahr hinaus bestehen, können diese die weitere
motorische Entwicklung, sowie das Lernen und das Verhalten beeinflussen.
Die Reifung des Gehirns wird gestört und es kann zu
Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten (z. B.
Wutausbrüche, Ängste) und Lernproblemen kommen.Persistieren die Reflexe, das heißt werden sie nicht vollständig gehemmt und durch reifere Muster überlagert, muss das Kind viel Mühe und Energie aufbringen, um bestimmte Aufgaben des Alltages zu bewältigen. Es muss ständig gegen die unwillkürliche und unbewusste Reaktion des einschießenden Reflexes „ankämpfen“. Bestehen nur geringe Restreaktionen, kann das Kind oftmals die Auswirkungen kompensieren. Gerät es jedoch in eine Stresssituation (z. B. ein Test in der Schule, emotionale Erlebnisse) oder liegen noch größere Restreaktionen vor, fallen die Kompensationsstrategien wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Trotz normaler Intelligenz können einfache Aufgaben nicht mehr bewältigt und gelerntes Wissen abgerufen werden.
Mögliche Auswirkungen des Moro-Reflexes
Bei sehr schnellen Geburten oder Kaiserschnitt-Geburten, erfährt der Moro-Reflex nicht seine höchste Aktivierung und bleibt daher oft über den 4. Monat hinaus bestehen. Die eigentliche Funktion des Schutzes und der „Alarmglocke“ für mögliche Gefahren, bleibt erhalten und es kommt zu einer erhöhten Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Kortisol (Beigel, 2017). Dies kann sich sich in vielen beobachtbaren Verhaltensweisen zeigen: Hypersensitivität in mehreren sensorischen Kanälen, Angst vor Kontrollverlust, extreme emotionale Reaktionen, Stimulusgebundenheit und die Unfähigkeit, ein Objekt zu fixieren. Dies reduziert die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsspanne im Alltag. Oft können die Kinder unwesentliche Sinneseindrücke nicht ausreichend filtern und lassen sich von jedem Reiz („jeder Fliege“) ablenken. Die Diagnose „Hyperaktivität“ und die Gabe von Medikamenten sind daher oftmals die schnelle Folge. Die ständige Alarmbereitschaft zum Fliehen oder Kämpfen lässt die Kinder für Außenstehende oft unangemessen reagieren: auf einen überraschenden Reiz reagiert das Kind entweder mit Flucht, Rückzug, Jammern, Verstecken, Blässe, Einfrieren oder heftigem Weinen, Bocken, Schreien, Kämpfen, Wut oder (unangemessenen) Äußerungen.Auswirkungen des Moro-Reflexes
- Das Kind ist in ständiger Alarmbereitschaft
- Das Kind sträubt sich oft gegen Neues, beharrt auf Bekannten und zeigt sich unsicher im Umgang mit Veränderungen
- Das Kind ist nicht kritikfähig, da es noch nicht die innere Gewissheit hat, dass es sich ändern kann
- Das Kind ist ängstlich, bis hin zu Panik (oft unbegründet) und Schulangst, es erstarrt in der Bewegung
- Es zeigt Gleichgewichtsprobleme
- Die Antennen sind immer offen, deshalb kommt es zu Konzentrationsstörungen und mangelnder Ausdauer
- Das Kind hat oftmals ein überempfindliches Gehör und ist besonders schreckhaft auf plötzliche Geräusche (z. B. Motorrad, Feuerwerk)
- Das Immunsystem reagiert über und es kommt zu Allergien und Abwehrschwächen
- Das Kind reagiert mit Reiseübelkeit
Mögliche Auswirkungen des Palmar – und Plantar-Reflexes
Persistieren diese beiden Reflexe, zeigen die Kinder Auffälligkeiten in der Handmotorik (Palmar-Reflex) und im Gleichgewicht. Das Stehen auf dem flachen Fuß wird beeinträchtigt (Plantar-Reflex), da die Zehen ständig krallen. Dadurch werden häufig wichtige Stufen der senso-motorischen Entwicklung nur unzureichend durchlaufen: das Kriechen wird erschwert und das Kind kommt schnell in den Stand.Auswirkungen des Palmar-Reflexes
- Das Kind zeigt eine geringe manuelle Geschicklichkeit, oftmals wirkt es unbeholfen
- Es hat empfindliche Handinnenflächen
- Der Pinzettengriff fehlt, oftmals bleibt der Pfötchengriff auch beim Schreiben bestehen (fehlender Drei-Punkt-Griff)
- Das Kind hat Sprechschwierigkeiten (ohne Hörprobleme), da sich die Zunge bei fein- und grobmotorischen Bewegungen (z. B. beim Malen/Schneiden, Klettern) mitbewegt
Auswirkungen des Plantar-Reflexes
- Das Kind zeigt einen unsicheren Stand und Gleichgewichtsprobleme
- Das Kind läuft häufig auf den Zehenspitzen
- Das Kind kommt schlecht in Socken, weil die Zehen krallen
- Das Kriechen wird durch das Krallen der Zehen erschwert
Mögliche Auswirkungen des Tonischen Labyrinth Reflexes (TLR)
Wird die Reflexhemmung nicht vollständig vollzogen und persistiert der TLR, zeigen die Kinder häufig Gleichgewichtsprobleme, eine schwache oder zu starke Muskelspannung (Muskeltonus) und unzureichende Kopfstellreaktionen. Der TLR trennt den Körper in "vorne" und "hinten". Durch die enge Verbindung mit dem visuellen System, entstehen Unsicherheiten in der Raum- und Tiefenwahrnehmung, Schwächen beim Erkennen von Abfolgen sowie in der Orientierung in Raum und Zeit. Die Folge sind oftmals Mathe- und Rechtschreibprobleme.Auswirkungen des Tonischen Labyrinth Reflexes
- Das Kind zeigt eine schlechte Körperhaltung
- Schwache Körperspannung, oft affenartiger Gang, krummer Rücken (TLR vorwärts)
- Erhöhte Körperspannung, oft Neigung, auf Zehenspitzen zu gehen (TLR rückwärts)
- Steife Bewegungen, mangelnde Kopfkontrolle
- Es zeigt Unsicherheiten im Gleichgewicht, beim Balancieren, evtl. Höhenangst
- Das Kind hat Wahrnehmungsprobleme:
- Es hat eine fehlende räumliche Orientierung, eine Fehleinschätzung von Abständen, eine unsichere Figur-Grund-Wahrnehmung
- Das Kind hat Schwierigkeiten beim Schreiben von Ziffern und Buchstaben, es vertauscht Buchstaben und Ziffern
- Es hat ein schwaches Zeitgefühl und eine schlechte Organisationsfähigkeit
Das Kind fühlt sich manchmal verloren in Raum und Zeit: lost in time and space.
Mögliche Auswirkungen des Asymmetrisch Tonischen Nackenreflexes (ATNR)
Persistiert der Reflex über den 6. Monat hinaus, findet das Kind nur schwer seine Körpermitte und zeigt Schwierigkeiten beim Überkreuzen der Körpermittellinien sowie bei fließenden Kreuzmusterbewegungen (z. B. beim Krabbeln und Kriechen). Eine unsichtbare Barriere zwischen Links und Rechts stört einen fließenden Wechsel zwischen beiden Händen. Oft fehlt die Dominanz einer Hand und das Kind fällt in der Schule wegen seiner „schlechten“ Handschrift (Überschießende Linien, abfallende Schrift etc.) auf.Auswirkungen des Asymmetrisch Tonischen Nackenreflexes
- Das Kind hat Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen und zeigt eine schlechte Handschrift
- Es schreibt lieber in der Druckschrift als in der Schreibschrift, drückt zu stark auf
- Das Kind dreht beim Schreiben das Heft und vermeidet das Überkreuzen der Mittellinie
- Es hat Schwierigkeiten auf Linien zu schreiben
- Es bewegt beim Lesen den Kopf mit
- Das Kind lässt Buchstaben werden aus
- Es vertauscht Buchstaben, verwechselt Silben und zeigt eine geringe Hörmerkspanne
- Die Zusammenarbeit beider Hirnhälften gelingt nicht optimal,
- Das Drehen und Kriechen sind erschwert
- Das Kind hat Probleme beim Fahrradfahren (Lenken)
- Das Kind hat Probleme beim Überkreuzen der Körpermitte
- Es zeigt Gleichgewichtsprobleme bei Kopfdrehung
- Das Kind hat eine unsichere Auge-Hand-Koordination und die Augenfolgebewegungen sind beeinträchtigt
Mögliche Auswirkungen des Symmetrisch Tonischen Nackenreflexes (STNR)
Liegen Restreaktionen des STNRs vor, hat das Kind Schwierigkeiten, den Ober- und Unterkörper unabhängig voneinander zu bewegen. Oft sitzen die Kinder im sogenannten W-Sitz auf dem Boden, wirken tollpatschig und unkoordiniert. Auch beim Essen fallen diese Kinder auf, da die Hand häufig nicht den Mund trifft (Goddard, 1998). Zudem kommen Konzentrationsschwierigkeiten, Hyperaktivität und eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hinzu.Auswirkungen des Symmetrisch Tonischen Nackenreflexes
- Das Kind kann keine „normale“ Sitzhaltung beibehalten und zeigt oftmals eine kompensatorische Sitzhaltungen: ein Bein wird auf den Stuhl genommen
- Das Kind rutscht auf dem Stuhl hin und her oder steht ständig auf
- Das Kind zeigt Konzentrationsschwierigkeiten (Ablenkung durch unbehagliche Sitzpositionen)
- Oftmals nutzt es Tagträumen als Fluchtmechanismus
- Das Kind hat Schwierigkeiten von der Tafel abzuschreiben
- Durch schlechte vertikale Augenfolgebewegungen hat das KindProbleme beim Rechnen mit senkrechten Zahlenkolonnen
- Es zeigt eine schlechte Augen-Hand-Koordination, wirkt „tollpatschig“ und kleckert beim Essen
- Es hat Schwierigkeiten über Wasser zu schwimmen und taucht lieber
- Es hat eine schlechte Körperhaltung („affenartig“), oftmals ist es nicht gekrabbelt
Mögliche Auswirkungen des Spinalen Galant Reflexes
Bleibt der Spinale Galant Reflex über das Neugeborenalter bestehen, kann dieser durch eine Berührung im Lendenwirbelbereich ausgelöst werden. Ein Gürtel oder eine engsitzende Hose aktiviert also ständig den Reflex, weshalb die Kinder ihre Körperhaltung ändern und hin und her rutschen.Auswirkungen des Spinalen Galant Reflexes
- Kind kann nicht Stillsitzen und hat „Hummeln im Hintern“
- Es nässt über das 5. Lebensjahr hinaus ein
- Das Kind hat eine mangelnde Konzentration und ein schwaches Kurzzeitgedächtnis
- Das Kind zeigt eine einseitige Hüftrotation und/oder Hüftprobleme